31 August 2006

Traumedeutung, schematische und Trivialdeutungen vermeiden

Wenn 2 Menschen genau den gleichen Traum haben (was praktisch nicht vorkommt), müsste er noch lange nicht die gleiche Bedeutung haben. Jeder Traum ist eine sehr persönliche Botschaft, die man immer nur ganz individuell deuten kann.

Dem scheint auf den ersten Blick zu widersprechen, dass auch in für zahlreiche Traumsymbole bestimmte Deutungen angegeben werden. Wenn jeder Traum nur individuell zu verstehen ist, wären solche lexikalischen Verzeichnisse eigentlich überflüssig.

Tatsächlich verhält es sich jedoch so, dass die Symbole in vielen Träumen der verschiedensten Menschen (zum Teil auch aus anderen Kulturkreisen) eine sehr ähnliche Bedeutung haben, die sich wahrscheinlich mit aus dem überindividuellen kollektiven Unbewussten erklärt.

Individuell sehr verschieden ist also nicht die Bedeutung der Symbole, sondern die Art, wie sie in der Traumhandlung zusammengefügt werden. Erst daraus ergibt sich die ganz persönliche Bedeutung.

Aus diesem Grund dürfen Träume niemals schematisch gedeutet werden, indem man die einzelnen Symbole aus dem Handlungsrahmen löst und einzelne mit Hilfe des Lexikons deutet. Dadurch erhält man nur eine Aneinanderreihung von Bedeutungen, die jede für sich durchaus stimmen kann, aber am Ende doch kaum etwas über die Traumbotschaft aussagt.

Das wäre ungefähr so sinnvoll, wie wenn man Steine einzeln nebeneinander legt und erwartet, dass daraus ein Gebäude entsteht. Das Ganze ist immer mehr als die bloße Summe seiner einzelnen Komponenten, das trifft auch für die Träume zu.

Die Erklärungen zu den verschiedenen Traumsymbolen im lexikalischen Teil haben nur den Zweck, Denkanstöße zum besseren Verständnis zu geben. Wenn man weiß, welche Bedeutung die einzelnen Symbole haben, wird man dazu angeregt, mit diesen Bedeutungen zu arbeiten, sie in das Puzzle der gesamten Traumhandlung einzufügen, um zu sehen, ob sie dazu überhaupt passen.

Ist das nicht der Fall, sucht man nach einer anderen Deutung. Man darf sich also bei der Traumanalyse nie damit begnügen, einfach aus Symbolen schematisch Rückschlüsse auf die Bedeutung des gesamten Traums zu ziehen.


Das kann zwar gelingen, aber die Gefahr der Selbsttäuschung ist groß. Stets muss geprüft werden, ob die angegebene Bedeutung überhaupt zu der Traumhandlung insgesamt passt.

Trifft das zu, ergibt sich daraus ein Sinn und man gelangt bei der Analyse ein Stückchen weiter. Ist dies nicht der Fall, bemerkt man Unstimmigkeiten und Widersprüche. Man muss sich dann fragen, welche anderen, individuell zutreffenderen Bedeutungen die Symbole in diesem speziellen Traum haben.

Trivialdeutungen, also Aussagen über Traumbotschaften, die belanglos erscheinen, erklären sich ebenfalls häufig aus der schematischen, oberflächlichen Analyse. Dabei erfasst man nicht den verzerrten eigentlichen Sinn des Traums, sondern bleibt zu sehr dem erinnerten tatsächlichen Traumgeschehen verhaftet.


Solche Deutungen hinterlassen im allgemeinen Unzufriedenheit, denn man spürt instinktiv, dass man die Traumbotschaft damit nicht erfasst hat. Meist empfiehlt es sich dann, nochmals ganz neu mit der Analyse zu beginnen.

Es gibt freilich auch genügend Träume, die tatsächlich nur eine triviale, nichtssagende Deutung zulassen, weil darin zum Beispiel nur unwesentliche Tagesreste verarbeitet werden. Man darf dann keinesfalls versuchen, unbedingt einen tieferen Sinn hinein zu interpretieren, das führt zu nichts.

Wenn man mit der banalen Aussage, die sich bei der Analyse ergab, eigentlich doch zufrieden ist, keine neuen Assoziationen mehr entwickeln kann und auch mit Hilfe des Lexikons der Traumsymbole nicht weiterkommt, wird man sich im allgemeinen mit der Trivialdeutung begnügen und diesen Traum rasch vergessen können, der nichts Hintergründiges zu bieten hat.

Erfahrene Traumdeuter merken meist, ob es sich überhaupt lohnt, mit einem Traum zu arbeiten oder ob er zu banal ist, um sich weiter mit ihm zu befassen. Natürlich kann man sich dabei auch einmal täuschen, wird vielleicht auch von inneren Widerständen dazu verleitet, einen wichtigen Traum vorschnell als trivial abzutun.

Aber dieses Risiko erscheint nicht so schwerwiegend, denn wenn ein wirklich wichtiger Traum einmal übersehen wird, wiederholt das Unbewusste die Botschaft häufig in späteren Träumen.


Für die meisten Menschen wäre es zu zeitaufwendig, jeden Traum gründlich zu analysieren, auch wenn er auf den ersten Blick unwesentlich erscheint. Es bliebe ihnen zu wenig Zeit, um die tatsächlich wichtigen Träume ausführlich genug zu deuten.

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