21 August 2006

Selbstanalyse, der sechste Sinn

Wir haben mehr als nur fünf Sinne. Doch was können wir damit spüren? Fremde Blicke im Nacken? Zukünftige Ereignisse? Oder gar Telepathisches? Rätsel für die Wissenschaft.

Jeder Mensch kennt das unangenehme Gefühl, von jemandem von hinten angestarrt zu werden. Wenn wir uns dann umdrehen, guckt tatsächlich irgendwer. Ist es der sechste Sinn, der uns den Blick im Nacken spüren lässt?

Tatsächlich gibt es mehr als die fünf bekannten Sinne (Sehsinn, Hörsinn, Geruchssinn, Geschmackssinn und Tastsinn). Menschen haben auch ein Gefühl dafür, wie ihre Gliedmaßen gerade geknickt sind (propriozeptiver Sinn) und ob sie Schmerzen haben (nozizeptiver Sinn). Tiere verfügen über noch mehr Möglichkeiten, etwas wahrzunehmen:

Tauben und Wale beispielsweise besitzen ein Gespür für das Magnetfeld der Erde. Fledermäuse setzen ihr Echolot-System ein, um ihre Umgebung zu scannen. Über ein Sinnessystem für elektrische Felder verfügen Aale und Haie.

Schon lange streiten sich Forscher darüber, ob auch Menschen elektromagnetische Felder erfühlen können. Bislang konnte ein solcher Sinn aber nicht nachgewiesen werden. Möglicherweise gelingt das in der Zukunft. Denn der fehlende Nachweis sagt nichts über die tatsächliche Existenz aus.

So glaubte die Wissenschaft beispielsweise bis zur Mitte der 90er Jahre, dass Menschen kein Sinneszentrum für Sexuallockstoffe hätten. Dann wurde in der menschlichen Nase das Jacob'sche Organ entdeckt: Mit diesem können wir anhand von Körpergerüchen unbewusst genetisch passende Liebespartner erkennen.

Der englische Biologe Rupert Sheldrake versucht seit langem, einen Sinn nachzuweisen, der für fiese Blicke von hinten zuständig ist. So führte er mehrere Studien mit insgesamt 700 Schülern durch. Ein Teil der Klasse nahm auf dem Schulhof Aufstellung, mit dem Rücken zum Gebäude.


Die anderen Schüler standen im Klassenzimmer an geschlossenen Fenstern. Sie sollten ihrem zuvor zugewiesenen Partner in den Nacken starren oder aber wegschauen.

Die individuelle Reihenfolge des Guckens oder Abschweifens hatte Sheldrake zuvor nach dem Zufallsprinzip ermittelt. Die Angestarrten auf dem Hof hatten nach jeweils zehn Sekunden zu entscheiden, ob sie einen Blick im Nacken gespürt hatten oder nicht.


Das Ergebnis von Sheldrakes Experimenten ist zunächst wenig verblüffend: 2544 korrekten Wahrnehmungen stehen 2254 trügerische Empfindungen gegenüber.

Demnach halten sich richtige und falsche Antworten fast die Waage – wie man es bei einer Raterei nach dem Zufallsprinzip erwarten würde. Doch eine genaue Daten-Analyse zeigte, dass im Falle des Von-Hinten-Angeblickt-Werdens 55,2% der Antworten richtig waren, also leicht mehr als es der Zufall erlaubt. Sollte es tatsächlich Menschen geben, die einen Sinn dafür entwickelt haben?

David F. Marks, Psychologe an der City University in London, wollte es nicht glauben und wiederholte Sheldrakes Experimente. Dabei konnte er keinen Starr-Sinn feststellen.

Vielmehr fand er heraus, dass die Schulklassen-Studien alle an einem Fehler krankten: Sheldrake hatte nicht nach dem Zufallsprinzip starren lassen, sondern in Reihen von komplizierten mathematischen Mustern. Clevere Versuchspersonen hatten dies offensichtlich intuitiv vorhergesehen.

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