22 Juli 2006

Selbstanalyse - Recht haben oder was Recht ist

Wenn Sie den Streit bewusst als manipulative Strategie einsetzen, ist es nicht von Bedeutung, ob Sie "recht" haben oder nicht. Bewusster Streit ist eine Möglichkeit der Selbstbehauptung. Jemand hat Sie zu recht oder unrecht in Ihren Gefühlen verletzt, und Sie signalisieren ihm, dass Sie nicht bereit sind, es hinzunehmen.

Das ist die emotionale Seite einer Auseinandersetzung, in der es nicht um eine gemeinsame Sache geht, sondern um Ihre Person und Ihr seelisches Wohlbefinden.


Es geht, um es noch einmal zu betonen, um Gefühle und nicht um die sachliche Lösung eines gemeinsamen Problems, bei der Sie verschiedener Ansicht sind. Viele Meinungsverschiedenheiten bleiben sehr oft nur deshalb ungelöst, weil verletzte Gefühle im Spiel sind. Zum Beispiel: Gestern hat Ihr Gesprächspartner Sie beleidigt, und Sie haben Ihre Verletzung hinuntergeschluckt.

Heute sollen Sie mit ihm gemeinsam die Lösung für ein Problem finden, das mit diesen Emotionen überhaupt nichts zu tun hat. Ist da die Wahrscheinlichkeit nicht groß, dass Ihre Frustration von gestern heute einer vernünftigen Auseinandersetzung im Wege steht?

Um eine erfolgversprechende Gesprächsbasis herzustellen, ist es also notwendig, zuerst das emotionale Problem zwischen sich und dem anderen zu lösen, ehe Sie zur Sache selbst kommen. Etwa, indem Sie ihm ganz offen sagen: "Hör zu, ich nehme dir noch immer übel, was du gestern gesagt hast. Du hast meine Gefühle" verletzt. Lass uns das erst einmal klären, ehe wir über das Problem reden, um das es heute geht."

Erinnern Sie sich noch an die Definition der Partnerschaft? Ihr Sinn besteht darin, gemeinsam mehr zu erreichen, als einer allein erreichen könnte. Dieses Ziel können Sie nur erreichen, wenn beide Partner ihr Wissen und ihre Fähigkeiten einbringen und einander respektieren können. Wenn verdrängte Emotionen im Spiele sind, sind vernünftige gemeinsame Lösungen nur selten für beide befriedigend.

Deshalb sollten Sie bedenken: Zuerst ist es erforderlich, die emotionale Harmonie herzustellen, ehe Sie emotionsfrei über die bestmögliche sachliche Lösung verhandeln können. Nach dem Prinzip: "Wichtig ist nicht, wer recht hat, sondern was recht ist."

Alles das gilt für jede Art von Partnerschaft. Wenn ein autoritärer Chef seinen Untergebenen beleidigt, um sich durch diese Erniedrigung selbst zu erhöhen, untergräbt es nicht nur seine eigene Autorität, es stört auch die Leistungsfreude des Untergebenen. Dieser geht frustriert an seinen Arbeitsplatz zurück, und der unterdrückte Zorn stört seine Konzentration. Vorausgesetzt, er hat seinem Unmut nicht Luft verschafft und dadurch sein gestörtes Selbstwertgefühl wieder hergestellt.

Wie Sie sehen, kann es von großem Nutzen für unser seelisches Gleichgewicht sein, wenn wir im Alltag immer wieder ganz bewusst trainieren, frustrierte Emotionen loszulassen, um unseren Kopf für vernünftige Lösungen freizumachen.

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