24 Oktober 2010

Wenn Träume nicht in die Moralvorstellung passen

Die Träume können durchaus streng logisch und vernünftig aufgebaut sein. Manchmal können sie sogar eine Lösung für ein schwieriges Problem enthalten. Träume genügen zum Teil auch hohen moralischen Ansprüchen.

Es trifft also keineswegs zu, dass es in jeder Traumhandlung unvernünftig, chaotisch und unmoralisch zugeht. Aber die Träume müssen nicht den Gesetzen von Logik und Vernunft, Zeit und Raum, Moral und Ethik folgen.

Im Traum können sich völlig phantastische, absurde, obszöne und kriminelle Handlungen abspielen. zu denen man im Wachzustand niemals fähig wäre. Das ist individuell sehr unterschiedlich und noch nicht genau erklärbar. Vom vernünftigen und moralischen Verhalten im täglichen Leben muss das Traumgeschehen jedenfalls nicht abhängen.

Ein nüchterner, sachlicher Mensch kann in seinen Träumen die chaotischsten und phantastischsten Abenteuer erleben, ein friedlicher Mensch die schwersten Gewalttaten begehen.


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Die Abweichung der Träume von den im bewussten Leben gültigen Regeln und Normen hat ihren Ursprung hauptsächlich in der Traumarbeit. Wenn Trauminhalte verdichtet und ihre Bedeutungen verschoben werden, kann ein Traum oftmals nicht mehr vernünftig und moralisch sein.

Darüber hinaus spielen aber noch zahlreiche individuelle und soziale Einflüsse eine Rolle, welche die Traumarbeit maßgeblich mit beeinflussen. Deshalb träumen Kinder die noch nicht so stark wie Erwachsene durch Erziehung und Bildung an unsere gängigen Moralvorstellungen und Regeln der Vernunft angepasst wurden, noch weniger verschlüsselt. Erst mit der Geschlechtsreife (Pubertät) nimmt die Verschlüsselung der Trauminhalte deutlich zu.

Auch sehr selbstsichere und selbstbewusste Menschen, die nicht so stark von den gängigen Wertvorstellungen abhängig sind, zeigen häufig weniger verschlüsselte Träume. Sie haben es offenbar nicht nötig, ihre Eigenschaften. Wünsche, Bedürfnisse und Erfahrungen so stark vor sich Selbst zu verschleiern, weil sie sicher in sich selbst ruhen und ausgeglichen und zufrieden sind.

Aber auch Träume die völlig phantastisch und chaotisch jeder Vernunft widersprechen weisen bei genauerer Analyse immer ihre eigene „innere Logik“ auf. Sie ergibt sich aus dem, was durch die Traumarbeit verborgen werden soll.

Wenn zum Beispiel jemand die Einsicht in eine verdrängte frühere Erfahrung fürchtet und deshalb im Traum nicht zulassen kann, dann ist es durchaus logisch und vernünftig, dass er sie durch scheinbar unlogische Traumhandlungen vor sich selbst verbirgt. Wenn man diese „innere Logik“ eines Traums erst einmal erkannt hat, gelingt es oft leicht, die dahinter stehenden Verdichtungen und Verschiebungen zu analysieren und dadurch die Traumaussagen besser zu verstehen.

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Auch unmoralisch und gewissenlos sind die Traumhandlungen keineswegs, selbst wenn ihr Inhalt so erscheinen kann. Man muss sich von der Vorstellung lösen, dass man an Träume die gleiche moralische Meßlatte wie an das tatsächliche Verhalten im Wachzustand anlegen kann.

Bei der Traumarbeit können durch Verdichtung und Verschiebung Traumhandlungen entstehen, die allen gängigen Moralvorstellungen widersprechen, ohne dass dahinter tatsächlich unmoralische Absichten des Träumers stehen. Der Mord, den man im Traum begeht, muss keinesfalls anzeigen, dass man jemanden wirklich umbringen will.

Er ist meist die Folge der Aneinanderreihung verschiedener Elemente zu Traumhandlungen, die den wahren Trauminhalt verzerren. Deshalb besteht auch bei solchen, scheinbar zutiefst unmoralischen, abartigen oder obszönen Träumen kein Anlass, auf eine Deutung zu verzichten, um sich nicht als eine Art Monster erkennen zu müssen.

Für die innere Moral der Träume sorgt das Traumgewissen, von Sigmund Freud auch als „Traumzensur“ bezeichnet. Als seelische Kontrollinstanz entscheidet es, in welcher Form die Träume zugelassen werden. Wenn zum Beispiel in einem Traumelement ein Wunsch enthalten ist, den man sich im Alltag nicht einzugestehen wagt, weil er vielleicht unmoralisch erscheint, könnte ein Traum, der diesen Wunsch offen zum Ausdruck bringt, zu schweren Schuldgefühlen, Selbstvorwürfen und Angst vor Bestrafung führen.

Deshalb sorgt die Traumzensur dafür, dass der „unerlaubte“ Wunsch so bearbeitet wird, dass man ihn schließlich in verschleierter Form doch akzeptieren kann. Vielleicht wird im Traum das Objekt, auf den sich der Wunsch richtet, durch ein anderes „erlaubtes“ ersetzt, vielleicht rückt der Wunsch durch Verschiebung in den Hintergrund, wird durch Nebensächlichkeiten überlagert, so dass man ihn bei oberflächlicher Erinnerung überhaupt nicht wahrnimmt. Auf diese Weise können Spannungen, die mit Wünschen verbunden sind, vermindert werden.

Sinngemäß prüft das Traumgewissen auch alle anderen Trauminhalte auf ihre „Zulässigkeit“, ehe sie mehr oder minder verzerrt erlaubt werden. Die stärksten Veränderungen der ursprünglichen Trauminhalte nimmt die Traumzensur oft bei sexuellen Bedürfnissen vor, die auch heute in unserer scheinbar so aufgeklärten Gesellschaft noch immer tabuisiert werden.

Das Traumgewissen arbeitet nicht autonom, seine Kontrollfunktionen stehen in enger Beziehung mit der Erziehung und den dabei verinnerlichten Moral- und Wertvorstellungen der Gesellschaft sowie mit der individuellen lebensgeschichtlichen Entwicklung eines Menschen. Deshalb kann die Zensur bei einem Menschen Trauminhalte noch zulassen, die bei einem anderen schon schwere Schuldgefühle, Selbstvorwürfe und Angstzustände erzeugen.

Wir unterliegen zwar alle ähnlichen Werten, Normen und anderen sozialen Einflüssen und Zwängen, aber während der eine auf Grund seiner Persönlichkeit und Entwicklung nicht an den Buchstaben der Verhaltensregeln und Erwartungen klebt, sondern souverän damit umgeht, kann der andere sich nicht die kleinste Abweichung davon erlauben, ist vielleicht sogar noch strenger mit sich selbst, als die Gesellschaft verlangt.

Das Traumgewissen hat also vor allem die Aufgabe, die Traumarbeit so zu steuern, dass Bedürfnisse, Wünsche und andere Trauminhalte in eine Form gebracht werden, die man individuell zulassen kann. Bei der Traumanalyse lassen sich auch diese Funktionen der Zensur des Unbewussten aufdecken und deuten, wobei man wichtige Einblicke in die Persönlichkeit, ihre Probleme und Konflikte gewinnt.

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