23 Oktober 2010

Funktionen des Traumschlafs

Der REM-Schlaf ist für die Erholung und Stabilisierung vor allem des Seelenlebens unentbehrlich, daran besteht heute kein begründeter Zweifel mehr. Welche Funktionen er dabei erfüllt, steht aber noch nicht genau fest.

Man nimmt an, dass der Abbau psychischer Spannungen mit Verarbeitung von Konflikten und Problemen dabei besonders wichtig ist, und dazu erst den ungestörten Schlaf ermöglicht.

Außerdem kann die scheinbare Befriedigung von Wünschen und das Ausleben von Möglichkeiten, die im täglichen Leben zu kurz kommen, nicht erkannt werden oder nicht erlaubt sind, zu den Hauptfunktionen des Traumschlafs gehören.


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Bindung psychischer Spannungen
Ähnlich wie die Skelettmuskulatur des Körpers steht auch das Seelenleben ständig unter einer gewissen Spannung. Sie ist unter anderem für unsere Antriebskräfte, Gefühle und das Temperament mit verantwortlich.

Diese psychische Spannung wird von verschiedenen Einflüssen bestimmt. Stress von außen spielt dabei ebenso eine Rolle wie innere Bedürfnisse, Emotionen, ungelöste Konflikte und viele andere Inhalte der Psyche. Der gute, ungestörte Schlaf setzt voraus, dass Körper und Seelenleben genügend Spannung abbauen. Andernfalls kann man nicht einschlafen, wacht nachts wieder auf -wenn die Spannungen sich wieder verstärken, oder schläft zwar durch, aber unruhig und wenig erholsam.

Aus der Beobachtung, dass die Skelettmuskulatur sich im Traum noch stärker als im Tiefschlaf entspannt, und aus einigen anderen Merkmalen des REM-Schlafs leiten einige Traumforscher die Theorie ab, dass im Traum psychische Spannungen gebunden werden, was über das vegetative Nervensystem auch zur vertieften körperlichen Entspannung führt.

Endgültig bewiesen ist diese Vorstellung zwar noch nicht, aber sie leuchtet ein. Das Traumgeschehen könnte einmal Energie binden, die außerhalb der Träume die psychische Spannung bewirkt. Außerdem vielleicht von den Ursachen der Spannungen ablenken, so dass sie vorübergehend gelöst werden können. Aus dieser Sichtweise wird der Traum also zum „Hüter“ des Schlafs, der das Spannungsniveau absenkt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang noch eine ähnliche Theorie, nach der die Träume vor allem eine Art „Sicherheitsventil“ für Gefühle und damit verbundene Spannungen darstellen.


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Die Träume erlauben uns danach, Nacht für Nacht mehrmals das „Chaos der Gefühle“, die wir im Wachzustand mehr oder minder stark kontrollieren, ohne Angst zuzulassen und abzureagieren, so dass Spannung abgebaut wird. Das steht im Einklang mit der Tatsache, dass die Träume oft gefühlsbetont und chaotisch ablaufen.

Manche Vertreter der zweiten Theorie meinen sogar, dass wir in den Träumen vorübergehend auf harmlose Weise „geisteskrank“ werden, um Emotionen und Spannungen abzureagieren. Dann könnte man die Psychosen auch als eine Form des Träumens zur falschen Zeit verstehen.

Dafür sprechen manche Fakten, zum Beispiel die Verwirrtheitszustände, die bei Traumschlafentzug auftreten, und die Tatsache, dass zum Beispiel schizophrene Menschen weniger als Gesunde träumen und die versäumten Träume offenbar nicht nachholen.

Außerdem spielen Neurotransmitter wie Serotonin, das für den Schlaf wichtig ist, und Noradrenalin, das sich vermehrt im Locuscaeruleus ansammelt, wenn vom Tiefschlaf auf REM-Schlaf umgeschaltet wurde, auch eine wichtige Rolle für das psychische Gleichgewicht, die Stimmungen, Antriebe und andere seelische Funktionen. Bei Psychosen stellt man oft fest, dass diese Botenstoffe entweder im Übermaß oder zu gering vorhanden sind.

Die Erkenntnisse und Theorien der modernen Traumforschung werfen mehr neue Fragen auf, als sie beantworten. Vielleicht wird sie aber einmal dazu beitragen, neue Therapien durch Neurotransmitter bei Psychosen zu entwickeln, die heute erst unzulänglich behandelt werden können.


Verarbeitung von Konflikten und Problemen
Die Konflikte, Probleme und Sorgen des täglichen Lebens, denen wir alle mehr oder minder stark ausgesetzt sind, behindern heute bei vielen Menschen den Schlaf. Man kann davon nicht einfach abschalten und entspannt in den Schlaf hinübergleiten. Nach dem Zubettgehen grübelt man noch lange über Probleme und Sorgen nach, oder man schreckt mitten in der Nacht deswegen wieder aus dem Schlaf auf.

Eine der Funktionen des Traumschlafs besteht wahrscheinlich darin, alle diese störenden Einflüsse zu verarbeiten. Das kann zur negativen Traumunruhe  führen, die den Schlaf erheblich behindert. Häufiger bewirkt die Einbeziehung der Konflikte, Probleme und Sorgen in das Traumgeschehen aber wohl eine Entlastung des Seelenlebens und sichert den Schlaf.

Die psychischen Spannungen werden in den Träumen gebunden und dadurch zumindest teilweise entschärft. Außerdem kann der Traum solche Belastungen so gut verarbeiten, dass sie am nächsten Morgen viel an Bedeutung verloren haben. Nachdem man sich im Traum mit ihnen auseinander gesetzt hat, fällt einem vielleicht auf, dass sie überhaupt nicht so schwerwiegend und unlösbar sind, wie man zunächst im Wachzustand annahm.

Das Unbewusste kann offensichtlich mit seiner angesammelten Erfahrung und Weisheit durchaus realistisch prüfen, welche Bedeutung den Konflikten, Problemen und Sorgen tatsächlich zukommt, und sie gleichsam über Nacht vom Tisch fegen, wenn sie sich als banal erweisen.

Im Volksmund rät man deshalb ja seit langem, bei Problemen erst einmal “darüber zu schlafen“, weil am nächsten Tag „alles anders aussieht“. Diese Weisheit beruht wohl auf der unbewussten Be- und Verarbeitung von Belastungen und Schwierigkeiten im Traum.

Nicht selten werden in den Träumen sogar Lösungen für Konflikte, Probleme und Sorgen offenbart, auf die man in der Routine des Alltags nie gekommen wäre. Die Erfahrung, Weisheit und Kreativität des Unbewussten kann originelle Vorschläge entwickeln, die durchaus realistisch sind, wenn man sie richtig versteht und ausführt.

Ein oft zitiertes Beispiel dafür ist die Entdeckung des Benzolrings durch den Chemiker Kekule, der entscheidenden Einfluss auf die moderne Chemie nahm. Nachdem sich der Wissenschaftler lange Zeit mit diesem Problem vergeblich abgemüht hatte, kam ihm die Lösung buchstäblich in einem Traum, dessen symbolischen Inhalt er richtig interpretierte.

Allerdings halten längst nicht alle Lösungen, die in Träumen auftauchen, einer kritischen Realitätsprüfung stand. Man darf sich also nicht blind auf die Träume verlassen, sondern muss sehr genau zwischen sinnvollen und scheinbaren Lösungen unterscheiden. Aber auch wenn sich im Wachzustand herausstellt, dass eine „Traumlösung“ nicht realistisch und durchführbar ist, erfüllt sie doch wenigstens den Zweck, vorübergehend von Spannungen zu entlasten.

Durch Traumsteuerung kann man das Unbewusste übrigens gezielt veranlassen, realistische Lösungen für Konflikte, Sorgen und Probleme in den Träumen anzubieten.


Scheinbefriedigung von Wünschen
Es gibt wohl kaum einen Menschen, der wirklich wunschlos glücklich ist. Unsere Wünsche und Bedürfnisse, die teilweise bewusst werden, teils unterschwellig bestehen, übersteigen fast immer bei weitem die Möglichkeiten, die uns zur Befriedigung offen stehen. Die unbefriedigten Bedürfnisse und Wünsche aktivieren unsere Antriebskräfte und Bestrebungen.

Wünsche und Bedürfnisse erzeugen psychische Spannungen, auch wenn sie nicht bewusst sind. Gerade dann, wenn die Befriedigung versagt bleibt oder die Wünsche und Bedürfnisse abgelehnt und unterdrückt werden (weil sie vielleicht unmoralisch erscheinen und Schuldgefühle wecken), treten besonders hohe Spannungen auf. Sie können zu ernsten Störungen der psychischen Gesundheit und über das vegetative Nervensystem zu körperlichen Funktionsstörungen (psychosomatischen Krankheiten) führen.

Träume bieten die Möglichkeit, die mit den Wünschen und Bedürfnissen verbundenen Spannungen abzubauen. Dadurch wird das psychische Gleichgewicht erhalten oder wiederhergestellt.


Das Unbewusste bedient sich mehrerer Möglichkeiten:
In den Träumen kann mehr oder minder eindeutig au Wünsche und Bedürfnisse hingewiesen werden, die erlaubt sind, im Wachzustand aber verdrängt werden; nachdem man sie mit Hilfe der Träume erkannt hat, kann man sie tatsächlich befriedigen.

Für einen Teil der Wünsche und Bedürfnisse bieten die Träume Selbst eine Form der Befriedigung, indem die angestrebten Ziele in der Traumhandlung offen oder symbolisch verwirklicht werden -  natürlich bleibt das immer eine Scheinbefriedigung, denn im Wachzustand hat man nichts davon, aber es werden zumindest für einige Zeit innere Spannungen abgebaut.

Schließlich können Träume, die von Wünschen und Bedürfnissen handeln, auch offen oder verschlüsselt aufzeigen, in welcher Weise man die Ziele in der Realität tatsächlich verwirklichen könnte; solche Lösungen entstehen aus dem Schatz an Wissen und Erfahrung, der im Unbewussten schlummert. Sie sind oft originell, weil die Kreativität im Traum ungewöhnliche, aber trotzdem realistische Wege vorschlagen kann.

Aufgrund der Bedeutung, die unerfüllte Wünsche und Bedürfnisse für die psychische Gesundheit haben, kann man die Traumarbeit damit nicht hoch genug einschätzen. Sie ist ein Akt der „Psychohygiene“, die das psychische Gleichgewicht erhält. Das bedeutet, dass die innere Harmonie, die durch Frustrationen gefährdet wird, wieder hergestellt werden kann.

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