18 Oktober 2010

Die moderne Traumanalyse

Die Entwicklung der modernen Traumdeutung steht in enger Beziehung zur Emanzipation der Psychologie von der Theologie, Philosophie und Medizin im 19. Jahrhundert. Dadurch wurde sie zu einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin, die allerdings bis heute eine Art Zwitterstellung einnimmt, weil man sie teils den Naturwissenschaften, teils den Geistes- Wissenschaften zuordnet.

Die wichtigsten Impulse zur Traumanalyse gingen von dem Wiener Nervenarzt Sigmund Freud aus, aber auch viele andere trugen ihren Teil dazu bei.


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Freuds »Königsweg« zum Unbewussten Sigmund Freud, der Vater der Psychoanalyse und Begründer der modernen Traumdeutung, wurde am 6. Mai 1856 in Nord- mähren geboren. Sein medizinisches Studium absolvierte er in Wien, unter anderem am physiologischen Laboratorium des angesehenen deutschen Physiologen Ernst W. Ritter von Brücke. Dort beschäftigte sich Freud vorwiegend mit Aufbau und Funktionen des Nervensystems.

Nach seiner Promotion 1881 arbeitete Freud als Arzt am Wiener Allgemeinen Krankenhaus unter dem bekannten Neurologen Theodor H. Meynert, der ihm die Fortsetzung seiner Untersuchungen über das Nervensystem ermöglichte. In dieser Zeit veröffentlichte Freud auch seine erste wichtige wissenschaftliche Arbeit, die sich mit der Kokapflanze beschäftigte; die Veröffentlichung trug maßgeblich mit zur Einführung des Kokains als Schmerz- und Betäubungsmittel in die Medizin bei.

Im Lauf der Zeit wandte sich Freud aber immer mehr der Erforschung psychischer Krankheiten zu. Seine erste Studie über die Hysterie publizierte er noch gemeinsam mit dem Wiener Neurologen Josef Breuer, von dem er sich aber bald trennte, um seine eigenen Forschungen zu betreiben.

Im Jahr 1885 habilitierte Freud zum Dozenten, 1902 wurde er zumProfessorin Wienberufen. Hier lebte er bis 1938: Als sich Österreich dem nationalsozialistischen Deutschland anschloss, emigrierte Freud wegen seiner jüdischen Abstammung nach England. In seinem Londoner Exil starb er am 23. September 1939 an Krebs, gegen den er lange Jahre angekämpft hatte.

Von Anfang an stand Sigmund Freud im Kreuzfeuer der Kritik und Anfeindung. Seine Erkenntnisse übet; das Unbewusste und die Triebe waren revolutionär und passten nicht in das Bild, das man sich damals vom Menschen als vernunftbegabtes Wesen machte.

Besonders scharf wurde er wegen seiner Theorien zum Sexualtrieb angegriffen, die in der prüden Wiener Gesellschaft der Jahrhundertwende einen Aufschrei der Empörung auslösten. Aber er fand auch zahlreiche Anhänger, die in ihm einen Reformator der Psychologie sahen, die sich nicht so recht weiterentwickelte.

Manche seiner Schüler wandten sich später wieder von ihm ab und gingen eigene Wege, vor allem A. Adler und C. G .Jung. Aber bis heute gehört die klassische Freudsche Psychoanalyse zu den wichtigsten, am häufigsten durchgeführten Methoden der Psychotherapie, die sich im Lauf der Jahrzehnte nicht grundlegend geändert hat.


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Mittlerweile wird das Werk von Sigmund Freud erneut kritisiert. Es gibt ernstzunehmende Verdachtsmomente, dass er es mit der wissenschaftlich korrekten Arbeit nicht immer genau nahm. So soll er zum Beispiel Fälle so »zurechtgebogen« haben, dass sie seine Theorien untermauerten, obwohl sie in Wirklichkeit anders verliefen.

Außerdem wird seine Psychoanalyse immer heftiger kritisiert, unter anderem deshalb, weil sie zu lang dauert und sich keiner wissenschaftlichen Erfolgskontrolle unterziehen will.

Nicht zuletzt entzündet sich die Ablehnung auch wieder an Freuds Vorstellungen von der Sexualität, der er wohl eine zu große Bedeutung beimaß. Aber auch die berechtigte Kritik an Freuds Psychoanalyse und die Zweifel an der Aufrichtigkeit seiner wissenschaftlichen Arbeit können seine Bedeutung für die moderne Psychologie nicht mindern.

Unabhängig davon gebührt ihm das Verdienst, mit der Ergründung des Unbewussten und der Träume die gesamte Weiterentwicklung der modernen Psychologie entscheidend geprägt und das Bild vom Menschen tiefgreifend verändert zu haben. Die Träume waren für Sigmund Freud der wichtigste Schlüssel zum Unbewussten, jenem Bereich des Seelenlebens, der uns im Wachzustand normalerweise nicht zugänglich ist.

Er bezeichnete die Traumdeutung deshalb gerne als »via regia«, den Königsweg zur Erforschung des Unbewussten bei der Psychoanalyse. Seine grundlegende Arbeit dazu veröffentlichte Freud im Jahr 1900 unter dem Titel »Die Traumdeutung«. In diesem Werk legt er dar, dass Träume weder Botschaften von Göttern und anderen Mächten noch bloße körperliche Vorgänge sind, sondern aus dem unbewussten Bereich der Psyche stammen.

Ihre Funktion besteht nach Freud hauptsächlich darin, verborgene und verdrängte Bedürfnisse, Wünsche und Triebe (vor allem sexuelle) symbolisch zum Ausdruck zu bringen und scheinbar zu befriedigen. Indem man in der Traumanalyse, die fester Bestandteil der Psychoanalyse ist, diese verdrängten Inhalte wieder bewusst macht, können sie verarbeitet und in die Persönlichkeit integriert werden.

Das ist, grob vereinfacht gesagt, das Grundprinzip der tiefenanalytischen Therapie, die von Freud begründet wurde. Aus heutiger Sicht maß Freud der Sexualität sicherlich zu viel Bedeutung bei. Das mag zum Teil aus seinen eigenen psychischen Problemen erklärbar sein, die er zeitlebens zu analysieren und dadurch zu bewältigen suchte. (Er schaffte es zum Beispiel nie, seine Nikotinsucht zu überwinden, selbst als Kehlkopfkrebs bei ihm diagnostiziert wurde.)

Zum Teil war das aber auch in der Sexualmoral seiner Zeit begründet, die tatsächlich viel stärker als heute zu Neurosen führte. Der Bedeutung seiner Arbeit tut das aber keinen Abbruch.

Andere Wegbereiter wissenschaftlicher Traumdeutung

Da Freud durch seine Erkenntnisse vom Unbewussten und von den Träumen Neuland beschritt, wurde er zum Vordenker praktisch aller Psychologen seiner Zeit. Sein Einfluss reicht bis in die heutige Psychologie, die trotz aller neuen Erkenntnisse und Weiterentwicklungen in ihrer heutigen Form ohne Freud nicht denkbar wäre. Zwei seiner Schüler, mit denen er zeitweise eng zusammenarbeitete, gingen später eigene Wege und wurden ebenfalls bekannt: Carl Gustav jung und Alfred Adler.

Der Schweizer jung kritisierte an Freuds Lehre vor allem die Fixierung auf die Sexualität. In der von Jung begründeten komplexen Psychologie stehen nicht so sehr die sexuellen Inhalte im Vordergrund, sondern vor allem die Konflikte, die bei der Entfaltung des Selbst auftreten.

Sie finden ebenso ihren Ausdruck in den Träumen wie die von jung in die Traumanalyse eingeführten Archetypen aus dem kollektiven Unbewussten, das die überpersönliche, allgemein-menschliche Grundlage der Seele bildet. Damit stellte Jung eine Beziehung zwischen den mystischen Vorstellungen des Altertums und der wissenschaftlichen Traumdeutung her.

Auch Adler, der die Individualpsychologie begründete, lehnte die Überbetonung der Sexualität ab. Für ihn wird der Mensch vor allem vom Streben nach Macht und Geltung beherrscht und gerät dadurch in Konflikte, die auch in seinen Träumen zum Ausdruck kommen.

Neben Adler und jung, den beiden Schülern Sigmund Freuds, deren eigenständige Lehren am meisten Beachtung fanden, sind noch einige weniger bekannte zu erwähnen, vor allem: Wilhelm Stekel stimmte Freud in vielen Punkten zu, beachtete aber neben den sexuellen auch die Geburts- und Todessymbole in den Träumen, untersuchte telepathische Träume (zum Beispiel Vorahnungen) und erkannte, dass es Traumserien gibt, die in innerem Zusammenhang stehen.

Otto Rank erforschte vor allem noch die Beziehungen zwischen Träumen und Mythen, Sagen, Märchen und Dichtung; er trug so viel mit zu Jungs Traumtheorie bei.

Alphonse Maeder und Paul Bjerre stehen mit ihren Vorstellungen von den Träumen C. G. Jung sehr nahe. Bjerre wies außerdem darauf hin, dass viele Träume der Verarbeitung von Ereignissen des Alltags dienen, die sonst das Seelen- leben unnötig belasten.

Unter den amerikanischen Traumforschern sind vor allem noch Edward S. Tauber, Erich Fromm, Alfred Kinsey und Calvin S. Hall zu nennen, denen es weniger um Theorien, sondern um die praktische Arbeit mit den Träumen als Lebenshilfe ging.

Die moderne wissenschaftliche Traumanalyse gründet auf der Arbeit vieler Forscher. So unterschiedlich, zum Teil sogar widersprüchlich ihre Theorien auch sind, eignen sie sich doch alle, dem Phänomen Traum aus verschiedenen Richtungen näher zu kommen. Eine umfassende Theorie, die alle Fragen beantwortet, gibt es bisher noch nicht.

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