30 Juni 2006

Manipulation (49)

Wer Ihnen Schuldgefühle einredet, will von Ihrer Sühne profitieren

Zu den wichtigsten Regeln der Manipulation, mit denen wir täglich konfrontiert sind, gehört es, Dankbarkeit und Schuldgefühle zu wecken und daraus Nutzen zu ziehen. Aber Schuld und Sühne haben noch selten jemandem Glück gebracht, weil Schuldgefühle uns erpressbar machen.

Wenn Sie entschlossen sind, Ihr Glück nach eigenen Maßstäben zu erreichen, ist es unvermeidlich, sich mit dem Argument auseinander zusetzen: Wo kämen wir denn hin, wenn jeder so lebte, wie er möchte. Ohne Rücksicht auf andere? Dieser Vorwurf ist der klassische Versuch, Ihr Schuldgefühl zu erwecken.

Warum haben Sie Schuldgefühle? Ganz einfach deshalb, weil Sie nicht das tun, was andere von Ihnen erwarten. Andere legen die Maßstäbe Ihres Verhaltens fest, und Sie fühlen sich schuldig, weil Sie diesen Maßstäben nicht gerecht werden. Und was tun Sie? Sie versuchen, sich von dieser Schuld freizukaufen. Und wer profitiert davon? Alle, denen es gelingt, Ihnen Schuldgefühle einzureden.


Wie erfolgreich diese Manipulation funktioniert, bestätigt die Milliarden-Industrie der Helfershelfer. Mit den unüberschaubaren kleinen Spenden von Millionen schuldbewusster Bürger helfen sie Menschen, Tieren und sogar der Natur, weil es ihnen meisterhaft gelingt, uns für deren Leiden verantwortlich zu machen. Vor ein paar hundert Jahren kauften sich Gläubige bei ihren Beichtvätern von Sünden frei, die eigens für dieses einträgliche Geschäft erfunden wurden. Ablaßzahlung nannten sie diese einträgliche Manipulation, die auf dem einfachen Prinzip von Schuld und Sühne beruhte:

Rede den Menschen Schuldgefühle ein, damit du von ihrer Sühne profitieren kannst. Genau betrachtet, hat sich an dieser Strategie bis heute nichts geändert. Schuldbewusstsein und Sühnezahlung schaffen Abhängigkeit von allen jenen, die diese Strategie für sich zu nutzen verstehen. Kinder erpressen damit ihre Eltern, Eltern ihre Kinder, der Staat die Bürger, und wenn Sie sich die Zeit nehmen, ein wenig darüber nachzudenken, fallen Ihnen sicherlich noch ein paar Dutzend andere Beispiele ein.

Seine Maßstäbe selbst zu finden, danach zu handeln und ohne Schuldgefühle das Leben zu führen, wie wir selbst es fahren wollen kennen Sie einen besseren Weg, ein freier und glücklicher Mensch zu sein? Wenn jemand Sie dafür einen rücksichtslosen Egoisten nennt, der zuerst an sich selbst und dann erst an die Gemeinschaft denkt, liegt es vielleicht nur daran, dass er Sie darum beneidet. Jemand anderem ein Schuldgefühl einreden zu wollen, ist oft nichts anderes als der Versuch, sein eigenes Schuldbewusstsein mit jemand anderem zu teilen, um sich wenigstens auf diese Weise ein bisschen besser zu fühlen.

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