01 Februar 2007

Traumdeutung - Sind Träume überflüssig?

Wenn die Theorie, die der britische Schlafforscher James A. Horne 1990 beim 10. Kongress der Europäischen Gesellschaft für Schlafforschung in Straßburg vortrug, tatsächlich zuträfe, dann wäre nicht allein dieser Blog nur noch Makulatur.

Auch die Psychoanalyse und andere Therapien, die mit Traumdeutung arbeiten, brächen zusammen. Aus Untersuchungen in seinem Schlaflabor an der Universität Loughborough zog Horne nämlich den Schluss, dass Träume praktisch überflüssig sind.

Zur Erholung sind danach nur die ersten Tiefschlafphasen notwendig, die von kurzen REM-Phasen unterbrochen werden, nicht aber der durch längere Traumschlafphasen gekennzeichnete Schlaf in der zweiten Nachthälfte. Diese bezeichnete Horne als das Relikt aus einer Art Schlaftrieb, dem wir uns willenlos hingeben.

Die Vorstellungen, die auch außerhalb der Fachpresse verbreitet wurden, könnten beim einen oder anderen Leser Zweifel am Sinn der Traumanalyse wecken. Deshalb sollen hier einige kritische Überlegungen dazu angestellt werden:

Die Theorie Hornes, die keineswegs allgemein anerkannt ist, sondern von den meisten Fachleuten als Spekulation zurückgewiesen wird, bleibt zunächst die Antwort auf eine entscheidende Frage schuldig:


Warum sorgte die Natur dafür, dass alle höheren Tiere und Menschen Nacht für Nacht träumen, wenn das für die Erholung überflüssig wäre? Es gibt in der Natur nichts, was keinen biologischen Sinn hat. Schon deshalb kann diese Theorie nicht richtig sein.

Außerdem verkennt Horne die Tatsache, dass nur die wenigsten Menschen mit etwa 4 Stunden Nachtschlaf auskommen, was den von ihm als wichtig bezeichneten Tiefschlafphasen in der ersten Nachthälfte entspricht.


Richtig ist vielmehr, dass die meisten Menschen nach so kurzem Schlaf nicht erholt und ausgeschlafen erwachen. Sie fühlen sich müde, abgespannt und sind wenig leistungsfähig, gereizt und deprimiert.

Es ist zu einfach, das aus einem „Schlaftrieb“ zu erklären, für den es ohnedies keinen Beweis gibt, und zu behaupten, dass man mit so wenig Schlaf auskäme, wenn man das nur wollte. Die praktische Erfahrung lehrt, dass der versäumte Schlaf ebenso wie der Traum erzwungen wird, wenn man längere Zeit entgegen dem persönlichen Schlaf-Wach-Rhythmus nur so kurz schläft.

Schließlich vergisst diese Theorie auch noch die lange Erfahrung der Psychoanalyse und ähnlicher Therapieformen mit der Deutung von Träumen. Sie belegt zweifelsfrei, dass den Träumen sehr wohl eine Bedeutung für die psychische Gesundheit zukommt. Tatsache ist unter anderem, dass man aus Träumen zuverlässige Rückschlüsse auf seelische Vorgänge ziehen kann, die als zutreffend beweisbar sind.

Das kommt in der Praxis zu häufig vor, als das man es auf Zufall zurückführen könnte. Vielmehr wird daran gerade deutlich, dass die Träume eine Funktion erfüllen.

Die Motive, die den Wissenschaftler veranlassten, mit einer derart vagen Theorie an die Öffentlichkeit zu treten, sind schwer nachvollziehbar, sofern es ihm nicht nur darum ging, zu provozieren und Aufsehen zu erregen.

Sicher, wir wissen heute noch längst nicht alles über die Träume, so dass auch für völlig neue Vorstellungen Raum sein muss. Wenn diese aber so wenig fundiert sind und so deutlich von gesicherten Erkenntnissen und Erfahrungen abweichen, tragen sie kaum etwas zum besseren Verständnis des Traumgeschehens bei.

Lassen Sie sich also nicht verunsichern, wenn Sie mit Ihren Träumen arbeiten wollen. Seit Jahrtausenden ziehen Menschen daraus Nutzen, um sich selbst besser zu verstehen und ein errollteres, glücklicheres Leben im Einklang mit sich Selbst zu führen.

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