02 Dezember 2006

Positiv denken – Sinn des Lebens finden

Ein mentaler Strom, der zur Verwirklichung gehört, ist das Sinnfinden. Der Sinnsuche voraus geht oftmals ein tiefes Gefühl des Unerfülltseins. Man hat vielleicht in materieller Hinsicht alles, was das Herz begehrt, aber irgendetwas fehlt. (Ein Mensch kann bettelarm sein und zugleich ein sinnerfülltes Leben führen, denken wir beispielsweise an Mutter Teresa.)

Dieses "Irgendetwas, das fehlt“, macht sich zunächst als leises Gefühl bemerkbar. Immer wieder kann man beobachten, dass Menschen, die ein nach außen hin erfolgreiches Leben führen, über die Sinnlosigkeit ihres Daseins klagen oder auch auf dem Sterbebett ihre Not damit haben, ihr Leben loszulassen, weil sie erkennen müssen, dass sie irgendwie "an sich selbst vorbeigelebt“ haben.

Die Frage, wie lebenswert das Leben ist, richtet sich hierbei nicht nur nach allgemeinen Moralvorstellungen, sondern auch danach, inwieweit das, was man lebt, mit den individuellen Werten übereinstimmt. Werte können unterschiedlich sein. Ein Mensch, für den Sicherheit ein hohes Gut ist, wird ein völlig anderes Dasein führen als einer, für den das Abenteuer an erster Stelle steht, auch wenn beide ansonsten gleiche Wertvorstellungen haben.


Der Freiheitskämpfer in Südamerika lebt anders als der Wallstreet-Manager in New York. Beide werden einen Sinn in ihrem Leben sehen, wenn das, was sie tun, ihrem inneren Wertmaßstab entspricht.

Viele Menschen sind konditioniert. Sie haben die Werte ihrer Eltern oder Lehrer übernommen, ohne zu überprüfen, ob sie überhaupt ihre eigenen Werte sind. Dann kann es leicht geschehen, dass ihnen irgendwann alles „ohne Sinn“ vorkommt und sie trotz scheinbar äußerer Fülle glauben, ein sinnloses Leben zu führen.

Menschen, die sich am Rande der Gesellschaft bewegen, haben Werte ebenso wie die Protagonisten eines Systems. Wollten wir das Leben sterilisieren, das „Milieu“ aus den Gesellschaftsschichten verdrängen, würden wir uns selbst um den Humus des Lebens betrügen, denn das Leben braucht alle, die Außenseiter wie die Konservativen.

Wichtig ist, dass wir die Position einnehmen, die unseren wahren Werten entspricht, und eine Plattform dafür finden, diese zu leben, so gut es uns möglich ist. Sinnerfüllt zu leben, muss also nicht unbedingt bedeuten, auf herkömmliche Weise im Dienste der Gesellschaft tätig zu sein. Auch ein Aussteiger, der im indischen Goa lebt, kann sinnerfüllt leben und dadurch, dass er mit sich selbst in Einklang ist, zur Harmonisierung unseres Planeten beitragen.

Viktor E. Frankl (1905-1997), österreichischer Psychologe und Überlebender eines Konzentrationslagers, schrieb, dass im KZ diejenigen eine höhere Überlebenschance hatten, die einen Sinn in ihrem Leben sahen, die glaubten, trotz allem „lohne“ es sich für sie, Schmerzen zu ertragen und weiterzuleben.

Im Gegensatz zu dem Weg der Logik und dem des Erkennens ist der Weg der Sinnfindung ein Weg, der sich sehr stark an Emotionen orientiert. Schließlich geht es bei der Sinnsuche nicht in erster Linie um das physische Überleben, sondern um ein ungutes Gefühl, das uns „quält“ und zur Suche antreibt. Sinnsuche ist also vor allem auch ein emotionaler Weg. Sinnsuche nutzt Erfahrung und sucht Erfahrung.

Sinnsucher sind häufig Menschen, die in ihrem Leben viel gewonnen und viel verloren haben und denen es letztendlich nicht auf Gewinn oder Verlust ankommt, sondern die den Sinn in der Veränderlichkeit der Welt sehen. Sinnsucher erleben Gott als Zyklus, das Leben als Reise, die zu unternehmen sich lohnt. Verwirklichung bedeutet für sie, „Geschichten“ zu sammeln und zu leben, die „Sinn machen“, Höhen und Tiefen werfen sie dabei nicht „aus der Bahn“.

Vor diesem Hintergrund muss das Leben eines „Sinnfinders“ wie Viktor E. Frankl ohne dass die Gräuel des Nationalsozialismus hier verharmlost werden sollen, als „ungewöhnlich reich“ (an Erlebnissen) gewertet werden. Jeder Weg, der uns erkennen lässt, „was die Welt im Innersten zusammenhält“, wird zum Weg der Sinnsuche, auch oder gerade wenn er steinig ist.

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