02 Jänner 2007

Charisma und Körpersprache

Zu den großen Irrtümern, die nicht auszurotten sind, gehört die Ansicht, Charisma sei eine Gabe der Götter, sei angeboren. Kürzer formuliert: Man hat es oder man hat es nicht. Wir haben gelernt, dass alles was der Mensch kann, er nur deshalb kann, weil er es gelernt hat.

Wenn wir nun darangehen, charismatische Persönlichkeiten zu analysieren, ganz gleich wann sie gelebt haben, so werden wir feststellen, dass sie alle ein ähnliches Verhaltensmuster verbindet, nämlich die Ausstrahlung über Körper, Augen, Stimme und suggestive Formulierungsfähigkeit.

Wir Deutschen haben aufgrund unserer Geschichte ein negatives Verhältnis zur Macht. Der Begriff "Macht" ist besetzt mit der Vorstellung von Gewalt, Krieg, Unterdrückung, Leid. Versuchen wir darum, zuerst den Begriff Macht emotional zu neutralisieren. Beginnen wir beim negativsten Gefühl, das der Mensch erleben kann. Das ist das Gegenteil von Macht: die Ohnmacht.

Ohnmächtig zu sein bedeutet: hoffnungslos, leblos, freudlos. Ein machtvoller Mensch ist aber genau das Gegenteil des Ohnmächtigen. Und was wollen Sie sein?

Wer sich ohnmächtig fühlt, ist "ohne Macht". Ohne Macht ist der Mensch ohne Energie, er traut sich nichts zu, hat keine Erfolgserlebnisse und fühlt sich deshalb minderwertig. Er kann sich nicht richtig einschätzen und wird mehr und mehr von einem Komplex beherrscht, der ihm das Leben schwer macht: dem Minderwertigkeitskomplex.


Die innere Einstellung wird auch äußerlich sichtbar: Ein Mensch mit Minderwertigkeitskomplexen fühlt sich nicht wohl, mag sich nicht ja, er kann nicht einmal seine Vorzüge erkennen.

Er versucht, möglichst nicht aufzufallen, und fällt gerade deshalb besonders auf. Er macht sich kleiner, die Füße und Hände sind ständig in Bewegung, der Atem ist flach, die Brust eingefallen, die Schultern nach vorn gebeugt, der Blick ist unsicher. Selbst die Kleidung scheint nicht zu ihm zu passen.


Seine Stimme ist leise, sehr dünn und viel zu hoch. Er bewegt sich immer im Hintergrund, ist in sich selbst zurückgezogen. Seine Fähigkeiten sind nicht entfaltet, vielmehr ist er zusammengefaltet, sein Körper macht das sichtbar.

Angst spielt eine große Rolle im Leben der Menschen, die sich minderwertig fühlen. Angst davor, aufzufallen, Fehler zu machen, nicht geliebt zu werden. Angst vor Versagen, manchmal nur in einigen Bereichen, manchmal aber auch vor jedem neuen Tag.


Angst erzeugt ein Gefühl des Bedrohtseins, der Beklemmung. Angst lähmt, macht passiv, kann krank machen. Oft kann man gar nicht mehr feststellen, wo die Angst beginnt und wo sie aufhört.

Zweifel und Bedenken sind Gefährten der Angst. Es ist wichtig, die zerstörerischen Energien der Angst zu kennen. Denn Menschen zu führen, heißt in vielen Fällen, sie erst einmal aus ihrer pessimistischen Haltung zu entführen, ihnen ihre Angst zu nehmen und positive, sinnvolle Ziele aufzuzeigen, die ihnen helfen, ihr Leben in andere Bahnen zu lenken. Deshalb sind charismatische Menschen so wichtig.

Vorbilder sind die Männer und Frauen, die etwas im Leben bewirkt haben. Menschen, die nicht von Minderwertigkeitsgefühlen niedergedrückt, von Ängsten beherrscht waren. Erfolgreiche, charismatische Persönlichkeiten waren und sind sicher und selbstbewusst. Ihre Körperhaltung ist der sichtbare Ausdruck ihrer Geisteshaltung. Sie stehen gerade, mit beiden Füßen fest auf dem Boden, haben eine aufrechte, gerade Haltung, einen ruhigen, konzentrierten Blick.

Die Hände zeigen sie ohne Scheu, vermitteln Sicherheit und Kraft, der Gesichtsausdruck ist freundlich. Diese erfolgreichen Menschen sind geistig und körperlich beweglich. Sie wissen, dass ihr Körper ein wesentliches Mittel der Kommunikation ist, sie strahlen positive Energie, Lebensfreude und Optimismus aus.

Schon aus der Ferne, am Gang, an der Bewegung kann man ihn erkennen: den erfolgreichen Menschen. Wie könnte er auch sonst Menschen begeistern?

Was bringt einen Menschen dazu, an sich zu arbeiten, seine innere und damit auch seine äußere Haltung zu verändern? Was motiviert ihn, sich abheben zu wollen von seinen Mitmenschen? Eine der Antriebskräfte ist das Verlangen nach Anerkennung. Manchmal ist der Hunger nach Anerkennung sogar größer als der Hunger nach körperlicher Nahrung.


Und deshalb steht derjenige im Mittelpunkt, der diesen seelischen Hunger nach Anerkennung stillen kann. Aus Erfahrung wissen wir selbst, dass der Hunger nach Brot sich stillen lässt, das Verlangen nach Anerkennung aber nicht, weil kein Mensch genug davon bekommen kann.

Das Gefühl, anerkannt und geschätzt zu werden, macht glücklich. Doch es gibt gar nicht so viele Menschen, die loben können, oftmals weil sie Selbst ein Defizit an Lob und Anerkennung haben. Nur wenige haben die Größe und die Kraft, etwas zu geben, was sie selbst nie erhielten. Das Bedürfnis nach Anerkennung zu befriedigen, setzt sehr viel Selbstbewusstsein voraus.

Erfolg durch Inspiration

Menschen lassen sich führen von jemandem, der Vertrauen erweckt. Erstaunlich viele Menschen lassen sich lieber führen als Selbst zu führen, sind lieber passiv als aktiv. Sie sind eher emotional als intellektuell ansprechbar.


Aus diesem Grund muss beispielsweise ein Rhetorik-Seminar richtig konzipiert sein, muss diesen wichtigen Aspekt berücksichtigen und nicht intellektuelles Führungsverhalten lehren und trainieren. Viel wichtiger ist menschliche Führung, die sich nur aus der Stärke einer Persönlichkeit entwickeln kann. Darum wiederholen wir immer wieder.

Nicht die Argumente sind wichtig, Sie Selbst sind wichtig.

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